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Chrom(VI) Reach bedroht Existenz der Galvaniker in der EU
Die Uhr tickt: Ab September 2017 unterwirft die EU die Verwendung von Chrom(VI) strengen Anforderungen und auch andere Stoffe sind bedroht. Die Unternehmen reagieren unterschiedlich, einige denken schon an eine Abwanderung.
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Was hat der Maschinenbau mit Chemie zu tun? Was kümmert ihn Reach? Auf den zweiten Blick sehr viel, wie Sylvi Claußnitzer, Referentin Technik und Umwelt beim VDMA, auf den ZVO-Oberflächentagen 2016 in Garmisch-Partenkirchen erläuterte: Die Branche bezieht im Wesentlichen Vorprodukte, doch von metallischen Werkstoffen über nichtmetallische Werkstoffe bis hin zu Betriebs- und Hilfsstoffen – überall tauchen Fragen im Zusammenhang mit Reach auf. „Unter diesem Aspekt muss man die SVHC-Kandidatenliste mit ganz anderen Augen betrachten“, sagte Claußnitzer im Hinblick auf die Stoffe, die die EU möglicherweise noch als besorgniserregend (englisch: Substances of Very High Concern – SVHC) einstufen und vielleicht sogar verbieten will.
Jedes Regulierungsverfahren in der vorgeschalteten Lieferkette betrifft den Maschinenbau. Sonst besteht die Gefahr eines Lieferstopps oder das Risiko von Verlust an Funktionalität und Qualität mit alternativen Stoffen. Reach wird in der Fertigungsindustrie noch oft mit Einschränkungen für Chrom(VI) gleichgesetzt, doch neben dem sechswertigen Chrom stehen noch andere Stoffe unter Beobachtung. Bei den Metallen, Salzen, Legierungen und Halbmetallen sind es vor allem Nickelsalze für die Galvanik und die Anhydride Methylhexahydrophtalsäureanhydrid (MHHPA) und Hexahydrophtalsäureanhydrid (HHPA). Außerdem sind noch Kobaltsalze, Blei, Beryllium, Titandioxid und Kupfer auf der Liste, dazu unterschiedliche Verbindungshalbleiter für die Elektronik.
VDMA kritisiert Chrom(VI)-Verfahren
Bei den Kunststoffen und Additiven stehen vor allem Weichmacher im Fokus, aber auch Antioxidantien, UV-Filter, UV- und Wärmestabilisatoren, Gleitmittel, Schlagzähigkeitsverbesserer, Antistatika und nicht zuletzt bromierte Flammschutzmittel (HBCD). „Im Maschinenbau sind sämtliche Bauteile aus Kunststoff auch sicherheitstragend“, machte Claußnitzer auf die besonderen Anforderungen der Branche aufmerksam. Bei den Betriebs- und Hilfsstoffen schließlich sind Stoffe für den Wärmedämmschutz, beispielsweise Aluminiumsilikatfasern zur Dämmung von Hochöfen, unter Beobachtung, außerdem Harze und Härter, Pigmente, Borsäure als Korrosionsschutzmittel in Kühlschmierstoffen, Formaldehyd, Bleibatterien mit ihrer Flüssigkeit und Lösungsmittel.
Der VDMA fordert deshalb zum Zulassungsverfahren von Chrom(VI):
- Kein Verzicht auf Funktionalität und Technologienprofil,
- angemessene Übergangszeiträume,
- das Berücksichtigen von Innovations- und Produktionszyklen sowie
- den Schutz von Produktionsstandort und Lieferkettenstruktur.
Zukünftig verlangt der VDMA, dass die Risikomanagements-Optionsanalyse zielgenauer und effektiver wird, zum Beispiel im Hinblick auf den Arbeitsschutz bei der rein industriellen Verwendung eines Stoffs. Außerdem sollte eine „Upstream Application“, also eine Berufung auf Anwendungsbeispiele, für Stoffe mit einer breiten industriellen Anwendung möglich werden. Schließlich solle die Bewertung von Alternativvorschlägen in Konsultationen erfolgen. „Es kann nicht sein, dass in drei Monaten Alternativen vorgeschlagen werden, ohne dass man sie in dieser kurzen Zeit überprüfen kann“, kritisierte die VDMA-Referentin.
Unternehmer werden wohl weiter unter schärferer Regulierung leiden
Insgesamt konnte sie der Branche aber wenig Hoffnung machen: „Die Regulierungsdichte nimmt zu durch schärfere Gefahrstoffeinstufungen und Zulassungs- oder Beschränkungsverfahren. Außerdem gibt es eine engere Verzahnung von Chemikalienrecht und Gefahrstoffrecht.“ Unternehmen müssten deshalb Reach mit einem Frühwarnsystem in ihre Managementsysteme integrieren und bei ihren Investitionsentscheidungen zu Forschung und Entwicklung ein künftiges Regulierungsrisiko einbeziehen. Auch die Substitutionsforschung müsse vorangetrieben werden. Schließlich sei eine bessere Qualität der Vernetzung und Kommunikation in der Wertschöpfungskette notwendig.
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