Automobilindustrie Effizienz? Das können wir. Wandel müssen wir lernen!

Redakteur: Frank Jablonski

Wenn die deutsche Automobilbranche hustet, krankt der zuliefernde Mittelstand. Der MM MaschinenMarkt sprach in Zeiten der China-Absatzkrise mit dem Experten Dr. Oliver Kelkar über den derzeitigen Gesundheitsstand und die allgemeine Firness der Autobranche – und was das heute und künftig für die Zulieferer bedeutet. Kelkar ist Associated Partner bei der Porsche-Tochter MHP, einem der größten Beratungsunternehmen der Automobilindustrie.

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Elektrotechnik-Ingenieur mit Promotion im Maschinenbau, schon lange MM-Leser, heute Associated Partner: Dr. Oliver Kelkar.
Elektrotechnik-Ingenieur mit Promotion im Maschinenbau, schon lange MM-Leser, heute Associated Partner: Dr. Oliver Kelkar.
(Bild: Hans-Jürgen Kuntze)

Ludwigsburg, Königsallee, das Film- und Medienzentrum, untergebracht in einer ehemaligen Kaserne. Wo früher Soldaten marschierten, herrscht heute Freigeist-Feeling. Historisches Mauerwerk, schick renoviert, viel Glas – die Zentrale der Porsche-Tochter MHP. Auf dem Parkplatz eine erstaunlich geringe Sportwagendichte, dafür aber eine große Varianz der Zuffenhauser Modelle. Das Interieur ist klassisches USM Haller und mit seinen offenen Working Spaces, den Ruhezonen, dem obligatorischen Kicker State of the Art der Arbeitspsychologie. Viele gut gekleidete junge Menschen, die schon erstaunlich erfahren wirken; einige Erfahrene, die noch erstaunlich jung wirken. Wenige Krawatten, dafür öfter mal ein „Du“. „Ich denke, also bin ich“, schwebt unausgesprochen über diesen Räumen. Oliver Kelkar, als Associated Partner, einer der Oberdenker bei MHP, trägt einen schicken, dunklen Anzug und ein schönes weißes Hemd, oben offen natürlich. Wir können über alles reden, signalisiert der freundliche Blick. Da konfrontieren wir den smarten Chefdenker doch gleich mit einer komplexen Frage:

Klimawandel, Verstädterung, Ressourcenmangel, Sharing Economy und CO2-Regulierungen. Herr Dr. Kelkar, welche globalen Einflüsse werden die Automobilindustrie in der Zukunft am nachhaltigsten beeinflussen?

Ich habe kürzlich ein gutes Plakat gesehen: „Klimawandel betrifft jeden. Jeden Tag!“ Die daraus abgeleiteten Regularien betreffen den Automobilbau sicher massiv. Zweitens: die Urbanisierung. Heute leben knapp über 50 % der Weltbevölkerung in Städten. Nach neueren Untersuchungen steigt dieser Anteil auf 70 %. In China werden Megacitys mit 160 Millionen Einwohnern entstehen – da wird es weniger Mobilität geben. Da werden Stadtteile direkt neben den Arbeitsplätzen, den Fabriken entstehen. Erheblichen Einfluss wird der demografische Wandel haben. Viele Entwicklungen zum autonomen Fahren haben das Ziel, älteren Menschen – vor allem auf dem Land – länger Mobilität zu ermöglichen: durch Unterstützung und mehr Sicherheit beim Fahren.

Inwieweit ist Porsche als Hersteller im Top-Segment von diesen Entwicklungen betroffen?

Premiumhersteller spüren diese Entwicklungen sicher später als Volumenhersteller. Aber der gesellschaftliche Druck ist auch dort schon ein Thema. Auch bei unserem Mutterkonzern Porsche beschäftigt man sich längst mit Themen wie dem vernetzten Fahren: Herr Winterkorn kündigt an, dass bald 50 % der Wertschöpfung aus der Elektronik kommen sollen. Gerade für einen Premiumhersteller wären Pay-per-Use-Modelle interessant. Die Frage ist nur, ob diese Transformation schnell genug betrieben wird.

Aber die Automobilindustrie muss sich aufgrund der gesellschaftlichen Einflüsse doch darauf eingestellt haben, künftig weniger Fahrzeuge verkaufen zu können. Woher kommt dann die Wertschöpfung?

Nein, das Gefühl habe ich nicht. Beispielsweise Daimler und BMW haben gut funktionierende Car-Sharing-Systeme entwickelt. Aber wenn ein normales Fahrzeug im Schnitt pro Tag eine Stunde bewegt wird, sind es bei einem Car-Sharing-Fahrzeug vier Stunden – damit löst es drei, vier verkaufte Autos ab. Die OEM sind letztlich wirtschaftlich getrieben, da setzt man eher auf wachsende Märkte wie China oder Indien ...

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