Werkzeugüberwachung Teure Reparaturen und Stillstände vermeiden

Ein Gastbeitrag von Simon Scherrenbacher

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Ein kamerabasiertes System zur Werkzeugüberwachung für Pressen erkennt Fremdkörper oder andere Gefahrenquellen in Echtzeit und stoppt die Anlage, bevor ein Schaden entsteht. Die Weiterentwicklung davon erlaubt nun auch die genaue Fehleranalyse.

Die Kameras entdecken dabei nicht nur Fremdkörper wie zum Beispiel Schraubenschlüssel oder Stanzreste: Das System prüft auch, ob das Werkzeug korrekt angeschlossen ist und die Platinen richtig eingelegt, umgeformt und entnommen wurden.
Die Kameras entdecken dabei nicht nur Fremdkörper wie zum Beispiel Schraubenschlüssel oder Stanzreste: Das System prüft auch, ob das Werkzeug korrekt angeschlossen ist und die Platinen richtig eingelegt, umgeformt und entnommen wurden.
(Bild: Schuler)

Es ist der Alptraum jedes Pressenbedieners: ein vergessener Schraubenschlüssel im Werkzeug. Läuft die Maschine jetzt an, sind Schäden an Werkzeug und Bauteil die unweigerliche Folge. Ein solcher kurzer Moment der Unachtsamkeit kann sogar die gesamte Anlage in Mitleidenschaft ziehen. Das Überwachungssystem „Visual Die Protection“ von Schuler kann teure Werkzeugreparaturen, Stillstandszeiten oder gar komplette Produktionsausfälle vermeiden.

Die Kameras entdecken dabei nicht nur Fremdkörper wie zum Beispiel Schraubenschlüssel oder Stanzreste: Das System prüft auch, ob das Werkzeug korrekt angeschlossen ist und die Platinen richtig eingelegt, umgeformt und entnommen wurden. Risse im Bauteil sieht es genauso wie eine mögliche Beschädigung der Zentrier- und Auswerfstifte. Liegt eine Abweichung vor, stoppt die Presse, um Schlimmeres zu verhindern.

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Künstliche Intelligenz vergleicht aktuelle Fotos mit Referenzbildern

Um dies zu erkennen, müssen die Kameras vor dem Produktionsstart zunächst Referenzbilder des jeweiligen Werkzeugs machen. Die Bediener markieren dabei sensible Bereiche wie die Zentrier- und Auswerfstifte, die einer besonders genauen Überwachung bedürfen. Die künstliche Intelligenz auf einem separaten Rechner vergleicht im Produktionsprozess dann die aktuellen Fotos in Echtzeit mit dem Ursprungszustand des Werkzeugs und ermöglicht sofort die Einleitung von Gegenmaßnahmen.

Bei der ersten Einrichtung des Systems bietet Schuler auf Wunsch gerne Unterstützung an. Auch eine Machbarkeitsanalyse mit einem mobilen Bildverarbeitungssystem ist möglich. Durch eine Erweiterung um zusätzliche Kameras kann das System zum Beispiel auch die Schrottschächte und weitere Bereiche der Maschine überwachen.

Ende 2019 schaffte der Hausgeräte-Hersteller Neff mit Sitz im badischen Bretten „Visual Die Protection“ an. Bereits kurz nach der Installation erkannte das System, dass im Werkzeug ein Bauteil falsch lag, stoppte die Presse sofort und konnte damit einen Schaden verhindern. „Auf eine solche Lösung haben wir gewartet“, zeigt sich Leonardo Serosi von der Fertigungsbetreuung bei Neff Hausgeräte begeistert. „Wir haben die ‚Visual Die Protection‘ bei einer Vorführung gesehen und wollten es schnellstmöglich haben. Es war uns sofort klar, wie viel Kosten wir sparen können, wenn sich damit Werkzeug- und Maschinenschäden vermeiden lassen.“

Schuler hatte das System Ende September 2019 auf den Protec-Technologietagen bei Heru Werkzeugbau im nordrhein-westfälischen Lennestadt erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Nur wenige Tage später startete der Testlauf bei Neff in Bretten – mit erfolgreichem Ergebnis: „Visual Die Protection“ identifizierte eine Fehlorientierung der Bauteile und hielt die Presse noch vor dem Aufsetzen der Werkzeuge an.

Das intuitiv bedienbare System läuft auf zwölf kritischen Werkzeugsätzen, deren Einstellungen sich schnell abrufen lassen. Schuler entwickelt es in enger Zusammenarbeit mit Neff derzeit ständig weiter. Darüber hinaus ergänzen die Experten weitere Industrie-4.0-Funktionen zur Dokumentation des Produktionsprozesses und zur Beseitigung von Fehlerquellen. Sie bauen außerdem die eingesetzten Technologien zur künstlichen Intelligenz und zum maschinellen Lernen aus.

Analyzer weist mit Ausschlägen in der Zeitkurve auf Abweichungen hin

Die jüngste Weiterentwicklung ist der nun vorgestellte VDP Analyzer. „In der Visualisierung lässt sich anhand von Ausschlägen in der Zeitkurve schnell ein Überblick gewinnen, wann genau es zu Abweichungen vom Normalzustand gekommen ist“, erklärt Chief Digital Officer Rohitashwa Pant. „Die zu diesen Zeitpunkten zugehörigen Bilder kann der Benutzer nun zielgerichtet abrufen und auf ihnen erkennen, dass beispielsweise Teile auf einem Zentrierstift liegen und nicht eingefädelt sind oder dass sich immer wieder Stanzabfälle in einem bestimmten Schrottschacht aufstauen.“

So lassen sich entsprechende Änderungen vornehmen, um künftige Produktionsunterbrechungen zu vermeiden und somit die Prozessstabilität und letztlich die Ausbringung zu erhöhen. Das System ermöglicht darüber hinaus den Export der Zeitreihen und der Bilddaten zur Dokumentation und für spätere Vergleiche.

„Unsere Kunden äußerten den Wunsch, mit VDP auch in die Vergangenheit blicken zu können, um Fehler zu dokumentieren und Ursachen zu identifizieren“, erklärt Michael Werbs, Director of Edge Solutions. „Mit herkömmlichen Kameras können Pressenbetreiber zwar den Werkzeugraum überwachen lassen, müssen dann aber die Videos im Nachgang mühsam selbst auswerten. Diese Arbeit nimmt der VDP Analyzer unseren Kunden ab.“

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VDP ist Teil der Digital Suite, in der Schuler bereits zahlreiche Lösungen zur Vernetzung der Umformtechnik gebündelt hat. Auf der virtuellen Produktplattform können Anwender seit Beginn des Jahres die komplette Bandbreite bestehender und neuer digitaler Lösungen prüfen, konfigurieren und bestellen.

Digitalen Lösungen sollen Stückkosten senken und Effizienz erhöhen

Über die Digital Suite haben Kunden und Interessenten zudem direkten Zugang zu Produktexperten von Schuler, mit denen sie konkrete Anwendungsfälle besprechen und weitere Detail-Informationen anfordern können. „Wir haben den Anspruch, dass jedes Produkt in der Digital Suite grundsätzlich dazu beitragen kann, auf Kundenseite Stückkosten zu senken und die Effizienz von Maschinen und Anlagen zu erhöhen“, erklärt CDO Rohitashwa Pant. „Durch den Einsatz von offenen Schnittstellen und Standard-Technologien sind unsere Produkte leicht in die IT-Netzwerke von Kunden zu integrieren. Dass wir unsere vernetzten Lösungen jetzt gebündelt auf einer virtuellen Plattform zur Verfügung stellen, zeigt, dass die Bedeutung der Digitalisierung in der Umformtechnik immer weiter zunimmt und Schuler dabei eine führende Rolle einnimmt.“

Zu den Produkten in der Digital Suite gehören unter anderem auch Schuler Connect als virtuelles Service-System zur Fehlerbehebung ohne Techniker vor Ort sowie verbesserte Track and Trace-Lösungen für die durchgängige Beobachtung der Performance von Bauteilen in einer Presse.

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