Big-Data-Analyse Twitter-User stellen deutscher Kommissionitis kein gutes Zeugnis aus

Quelle: Pressemitteilung des MCC |

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Ein neuer Forschungsansatz, der durch automatisierte Auswertung von Twitter-Nachrichten den politischen Diskurs analysiert, liefert jetzt Erkenntnisse zu einer grundlegenden Frage der Klimapolitik ...

Big-Data offenbart Volksmeinung! Forscher haben mit Big-Data-Analysen von Twitter-Tweets und -Retweet gezeigt, dass man damit schnell herausbekommt, wie das Volk so tickt. Dabei kommt etwa die deutsche Kommissionitis – Stichwort Kohleausstieg – nicht gut weg.
Big-Data offenbart Volksmeinung! Forscher haben mit Big-Data-Analysen von Twitter-Tweets und -Retweet gezeigt, dass man damit schnell herausbekommt, wie das Volk so tickt. Dabei kommt etwa die deutsche Kommissionitis – Stichwort Kohleausstieg – nicht gut weg.
(Bild: D. Wassenbrok)

Eine entsprechende Studie unter Federführung des Berliner Klimaforschungsinstituts MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change) – also bitte nicht verwechseln mit einem bekannten Mainzer Karnevalsverein – wurde kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift Energy Policy veröffentlicht. Hilft es dem sozialen Frieden, wenn die Regierung knifflige Fragen vorab am runden Tisch klären lässt? Das war eine Frage, die der neuartige Forschungsansatz beantworten sollte. Als Paradebeispiel derartiger Politik gilt demnach die deutsche Kohlekommission 2018/19. Das Ergebnis der Untersuchung fällt ernüchternd aus. Hier die Details.

Big-Data-Methoden statt zähe Befragungstaktik

An der Kommission, die den deutschen Kohleausstieg bis spätestens 2038 mit Milliardenhilfen für betroffene Regionen konzipierte, schieden sich die Geister. Für die einen war das mit Experten aus Wirtschaft, Gewerkschaften, Politik, Zivilgesellschaft und Wissenschaft besetzte Gremium ideal, um Konflikte aufzulösen. Andere schimpften über die sogenannte „Kommissionitis“, die offenbare, dass es an Führungsstärke und guter Kommunikation hapere. Wo liegt also der Schwerpunkt der öffentlichen Meinungen?

Nun, eigentlich bekommt man das durch ständige Befragungen heraus, die aber teuer und zeitraubend sind. Doch mit modernen Big-Data-Methoden sei auch die Twitter-Auswertung mit ihren unmittelbaren und feinkörnigen Ergebnissen aufschlussreich. Für ihre Untersuchung schaute das MCC-Forschungsteam auf die gesamte deutschsprachige Twitter-Kommunikation im zeitlichen Umfeld der Kohlekommission.

Es filterte 558.000 deutschsprachige Tweets und in Retweets untergebrachte Kommentare heraus, die einen Bezug zum Kohleausstieg haben. Als Kontrollmaterial dienten rund 1,8 Millionen Tweets und Retweets zur Klimakrise allgemein. Die Äußerungen wurden dann nach drei Kriterien ausgewertet. Erstens: wie positiv oder negativ die jeweilige Kurznachricht verfasst ist. Zweitens: welche Rolle bestimmte Schlüsselwörter dabei spielen. Drittens: wie die Tweets quer durch die Twitter-Community verbreitet wurden.

Die Kohlekommission hat die Menschen eher entzweit

Im Ergebnis zeige sich, dass der öffentliche Diskurs auf Twitter nach dem Ende der Kohlekommission sogar kontroverser und zudem insgesamt negativer war als vor dem Start derselben. Dieser Trend sei bei Äußerungen zu Kohleausstieg jeweils stärker ausgeprägt als bei Äußerungen zum Klima allgemein, was einen starken Zusammenhang mit der Arbeit der Kohlekommission nahelege. Die Studie listet dabei 35 Schüsselwörter auf, von denen nach Ende der Kommissionsarbeit die positiven meist seltener und die negativen häufiger getwittert wurden, wie es weiter heißt. Und mit Blick auf die Retweets konstatiert die Studie eine steigende Modularität. Das heißt, die Menschen kommunizierten am Ende stärker als am Anfang in ihrer eigenen „Blase“, obwohl die Kohlekommission doch gerade die verschiedenen gesellschaftlichen Teilgruppen zusammenführen und das Miteinander fördern sollte.

Noch nicht ganz ausgegoren, aber jetzt schon hilfreich

Gewiss, schränken die MCC-Forscher ein, sind die bundesweit rund acht Millionen Twitter-User nicht ganz repräsentativ für die Gesellschaft. Und die automatisierte Auswertung sei noch ein junger Forschungszweig, wenn auch mit Potenzial für weitere Perfektionierung. Trotzdem liefere diese Art von Studien wertvolle Hinweise für die Politik. Denn so wird erkennbar, wie diese Form der Entscheidungsfindung – also die Kommissionitis – auf die Stimmung im Land wirkt. Ganz generell lässt sich über Big-Data-Analysen von Social Media fast unmittelbar die Stimmung zu verschiedenen Themen der Energie-, Verkehrs-, Wärme- und Agrarwende messen, betonen die Berliner.

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