125 Jahre Zerspanungstechnik

Vom Faustkeil bis zur smarten Werkzeugmaschine

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Maschinen sind zu schwachbrüstig...

Die zuvor geschilderten Innovationen führten dazu, dass sich die Maschinenbauer die Gesamtkonstruktion näher anschauen mussten, um die künftigen System stabiler zu machen. Stahlräder ersetzten deshalb die bisherigen Typen aus Stahlguss oder Eisen. Lagersysteme und Spindeln wurden verstärkt. Öl als Schmierstoff verdrängte das bisher genutzte Fett, was soweit gedieh, dass man die Maschinengetriebe irgendwann in ein Ölbad platzierte. Die Maschinen wurden also leistungsfähiger und damit produktiver. Eine Voraussetzung für die kommende Massenproduktion im 20. Jahrhundert. Gleichzeitig dachte man über neue Arten der Betriebsführung nach und musste rationalisieren, um günstiger zerspanen zu können. Der Taylorismus kam in den USA auf und mit ihm das Fließband und die Akkordarbeit.

Deutschland setzt auf Spezialsysteme

In Deutschland meisterte man die nötige Rationalisierung durch Spezialisierung der Maschinen. Universaldrehmaschinen etwa, wurden nicht mehr für alle Arbeiten, wie Schruppen, Schlichten, Bohren, Polieren und Gewindeschneiden verwendet, sondern es kristallisierten sich an die Anwendung spezifisch angepasste Bearbeitungssysteme heraus, um die Kapazität an anderen Fertigungsanlagen zu erhöhen und damit unwirtschaftliche Unter- oder schädliche Überbelastungen zu vermeiden. Aus der Universaldrehbank leitete man die Revolverdrehbank, die Bolzendrehbank, die Abstechmaschinen sowie die Schrupp- und Zugdrehbank ab. Letztere diente etwa zur Herstellung aller einfachen zylindrischen Bauteile. Für die Wellenbearbeitung setzte man die Schruppdrehbank ein und der Universaldrehbank blieb die Fertigung von präzisen Gewinden, Spitzen- und Futterarbeiten sowie von Spezialteile vorbehalten, die die Belastungen beim Schruppen nicht aushielten. Auch Mehrspindel-Drehautomaten gab es, die die Bearbeitungsfolge am Werkstück auf mehrere Arbeitsstationen verteilen konnte. Die damalige Gildemeister & Comp. Aktiengesellschaft aus Bielefeld entwickelte 1901 etwa einen Mehrspindler, bei dem die Werkzeuge für die einseitige Drehbearbeitung umlaufen konnten. Etwas mehr als 10 Jahre später ergänzte das Unternehmen das Portfolio durch Maschinen mit umlaufendem Werkstück.

Räderteil- und Fräsmschaschine von Zimmermann aus dem Jahr 1861.
Räderteil- und Fräsmschaschine von Zimmermann aus dem Jahr 1861.
(Bild: Technikgeschichte Band 29, 1940)

Fräsen mit ergonomischen Vorteilen

Im Hinblick auf die Universalfräsmaschine lief die Entwicklung ähnlich. Automatische Kegelräder-Drehmaschinen, die Vertikalfräsmaschine, Spiralbohrer-Fräs- und Hinterfräsmaschinen wurden vorgestellt, sowie die Schneckenfräsmaschine, die horizontale Universalfräsmaschine und diverse Planfrässysteme. Nicht selten wurden diese zerspanungstechnischen Sonderlinge mit Preisen ausgezeichnet. Die Lang- und Vertikalfräsmaschine von J. E. Reinecker konnte man damals schon relativ bequem bedienen. Denn mit der Hand konnte sowohl die Spindel- als auch die Vorschubgeschwindigkeit über Schieberäder reguliert werden. Die Wanderer-Werke wurden für die Idee geehrt, dass sie ihre Werkzeugmaschinen mit Stufenräderantrieben ausstatteten, die sie für den Elektromotor- oder den Einzelscheibenantrieb vorbereiteten, weil die Antriebswelle stets eine konstante Geschwindigkeit hatte.

Rationalisierung markiert die Kriegszeit

Der deutsche Maschinenbau hatte mit seinen Ideen auch in Europa Erfolg. Gleichzeitig erhöhten sich die Nachfrage und der Exportanteil von Werkzeugmaschinen, der 1913 bei rund 30 % lag. Bis zum Ersten Weltkrieg vergrößerte sich auch die Zahl der Unternehmen. Die Index-Werke beispielsweise gehörten dazu. Und 1910 gab es bereits 35 Aktiengesellschaften, die je auf ein Kapital von über 70 Mio. Reichsmark zugreifen konnten (Das sind umgerechnet rund 275 Mio. Euro). Mit dem Krieg musste zwangsläufig wieder rationalisiert werden, um die Materialeffizienz zu erhöhen und die Arbeitskräfte besser einzusetzen. Das führte dazu, dass noch weitere Spezialmaschinen gebaut wurden, sogenannte Einzweckmaschinen, deren Bedienung sehr schnell gelernt werden konnte. Es wurde vereinheitlicht und genormt, was letztlich zum Fortschritt gereicht hat, wenn man Deutschlands Maschinenbau mit dem anderer Länder vergleicht, die dem Druck nicht ausgesetzt waren. Das wirkte sich auf den Maschinenbau insoweit aus, dass man die Anlagen aus möglichst wenigen unterschiedlichen Einzelteilen aufbaute. Eine Art frühes Modulsystem entstand also schon damals. 1920 fand die erste technische Messe in Leipzig statt, damals mit Frankfurt am Main, die führende Messestadt in Europa. Angeregt wurde das Event durch den Verein Deutscher Werkzeugmaschinen VDW. Allerdings gab es noch kein zusammenhängendes Messegelände, sondern die Aussteller verteilten sich auf sogenannte feste Messepaläste in der Stadt.

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