125 Jahre Zerspanungstechnik

Vom Faustkeil bis zur smarten Werkzeugmaschine

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Maschinenleistungs-Schneidstoff-Ping-Pong

Als Rationalisierung kann man dabei auch die stetige Steigerung der Maschinenperformance betrachten, die sich nach dem Krieg fortsetzte. Ein anderes Wettrüsten setzte im Zuge dessen ein, nämlich das zwischen der Leistungsfähigkeit der Zerspanungsmaschinen und der Schneidstoffe. Zu erwähnen sei hier das Sinterhartmetall „Widia“, das bei Osram 1926 entwickelt wurde. Eine weitere Kürzung der Hauptzeiten ließ sich so machen, aber nun musste man wieder am Maschinenkonzept heran, um das Potenzial des neuen Schneidstoffs voll ausschöpfen zu können. Gehärtete und geschliffene Getriebekomponenten waren eine Lösung dafür, Gleitflächen mussten geschmiert werden, was zur Einführung der Zentralschmierung mit unter Druck gesetztem Öl veranlasste. Der elektrische Einzelantrieb setzte sich in Deutschland bis 1930 nun flächendeckend durch. Aufgrund der verbesserten Zerspanungsleistung mit Widia entwickelte sich mit entsprechenden Maschinen, wie etwa der Riesen-Karusseldrehbank von Schiess auch die Großteilebearbeitung für Turbinen und Schiffsantriebe.

Im Jahre 1940 hat Schiess diese riesige Karusselldrehbank für 25 m durchmessende und rund 550 t schwere Werkstücke zu bieten.
Im Jahre 1940 hat Schiess diese riesige Karusselldrehbank für 25 m durchmessende und rund 550 t schwere Werkstücke zu bieten.
(Bild: Blätter für Technikgeschichte 1961)

Der Baukasten und der Leichtbau kommen

Für die produktive Massenfertigung setzte man ab Ende der 1930er Jahre zwar wieder verstärkt auf Universalmaschinen, achtete aber darauf, dass man Sondersysteme aus einer Baukastenbasis fertigen konnte, die die Universalmaschinen zur Verfügung stellten. Und man glaubt es kaum, es spielte damals schon der maschinelle Leichtbau eine immer größer werdende Rolle. Freilich nicht mit Komponenten aus carbonfaserverstärkten Kunststoffen, jedoch gelang es, belastbare und dennoch leichtere Fertigungssysteme durch eine ausgeklügelte Zellenbauweise mit Stahlschweißkonstruktionen zu erreichen. Für dynamische Steifigkeit sorgte außerdem der Gussleichtbau. Dann gab es wieder Krieg, doch in maschinenbaulicher Hinsicht entwickelte man aus ähnlichen Gründen wie während des Ersten Weltkriegs fleißig weiter.

Erste Steuerungen greifen ins Geschehen ein

In der Literatur wird für diese Zeit angegeben, dass wichtige Verbesserungen bei den Maschinen neue Steuerungssysteme waren, die das Nachformen relativ komplexer Konturen mit Schablonen ermöglichten. Maschinen mit Leitlinealen oder Typen, die ein Modell mit Fühlern abtasten konnten, um die Kontur aufs Werkstück zu übertragen, gab es bereits. Aber der Nube-Kopierfräsautomat war ein Neuling, der von AEG mit der sogenannten Eltas-Steuerung ausgerüstet wurde. Elektronik und Maschinenbau gingen von da an unweigerlich Hand in Hand, mit revolutionären Schritten für die Entwicklung künftiger Maschinen. Die Fühlergesteuerten Anlagen übernahmen die Aufgaben von Facharbeitern bei der Massenfertigung und sie gaben den Impuls zur Automatisierung. Bis Kriegsende hießen die Ziele Automatisierung, leichtere Bedienbarkeit und Einsatz elektrischer Steuerungen. Das hat sich bekanntlich seitdem gar nicht so sehr geändert.

Nachkriegsaufwind pusht auch den Maschinenbau

Nach dem Zweiten Weltkrieg ging es in der Bundesrepublik dann doch schneller wieder aufwärts als von vielen erwartet. Dieser Aufwind beflügelte auch den Maschinenbau. Viele sehen die 50er Jahre außerdem als Übergangsphase von der automatisierten Werkzeugmaschine hin zu automatisierten Fertigungsprozessen.

Als wichtigen Schritt für diesen Umbruch wird das Fließprinzip genannt, bei dem aus einzelnen Produktions- und Transportsystemen quasi die heute bekannte Wertschöpfungskette mit zeitlich aufeinander abgestimmten Arbeitsabfolgen geschmiedet wurde – vom Lager bis zur Auslieferung. Die Zerspanungsmaschinen setzten sich außerdem immer stärker aus Standardelementen zusammen, um noch günstiger bauen zu können. So entwickelten sich auch die Transferstraßen in der Fertigung. Bis Mitte der 60ger Jahre herrschte dabei die sogenannte starre Verkettung vor, bei der der Produktionstakt den Ton angab, der durch den am längsten dauernden Step in der Fertigungskette bestimmt wurde. Ein Nachteil dieser Philosophie war der Stillstand der gesamten Abfolge, wenn nur ein System ausfiel. Vor allem die Automobilindustrie hatte großen Anteil an der Entwicklung der Fertigungsabläufe in dieser Zeit. Das Wichtigste in der Fließfertigung war ihre Steuerung. Weil Experimente mit analogen Steuerungssystemen, in denen etwa Frequenzverläufe als Töne für Steuerimpulse von Band abgespielt wurden, nicht so richtig funktionierten, leistete dieses Manko den Vorschub für die zahlenbasierte NC-Steuerung, die auch durch ihre Anwendungsflexibilität im wahrsten Sinne des Wortes punktete.

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