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Das Aus für die Muskelkraft
Die Fräsmaschine, Messmittel, harte Werkzeuge mit Wolframanteil, Spannsysteme für Werkstück und Fräser, das metallurgische Know-how, um stabilere Maschinen zu bauen, waren also Mitte des 19. Jahrhunderts vorhanden und entwickelten sich rapide weiter. Allein, es wurde der Ruf nach einer neuen Antriebskraft laut. Denn die relativ unzuverlässige Wasser- oder Windkraft oder die zeitlich und niveaumäßig begrenzte Muskelkraft von Mensch und Tier reichten nicht mehr aus, um mit dem Vorhandenen auch präzise und nicht zuletzt günstigere Metallbauteile zu fertigen.
Globaler Maschinenbaugalopp
Dank James Watt, wurde zwar schon viel Dampf gemacht und auch Maschinen damit unabhängig über lederne Transmissionsriemen betrieben, doch war die Dampfmaschine nach Ansicht einiger Technikhistoriker nicht allein der Grund für die industrielle Revolution in dieser Epoche. Auch die Werkzeugmaschinen an sich hätten einen großen Anteil daran. Denn ohne eine stetig steigende Präzision bei der Fertigung von Maschinenbauteilen und dabei sich erweiternden Machbarkeitsgrenzen bei der Bearbeitung von neuen Metalllegierungen, wäre der Dampfmaschine irgendwann die Puste ausgegangen. Denn ihre Effizienz hätte sich an einem bestimmten Punkt nicht weiter steigern lassen, wenn sich nicht auch die Werkzeugmaschinen verbessert hätten, so die Meinung der Experten. Hinzu kam nach Aussage vieler Kenner der Maschinenbauentwicklung der mechanische Webstuhl plus Dampfmaschine als Antrieb, sowie schließlich die Einteilung der damals existierenden Maschinen in Kraft-, Arbeits- und Werkzeugmaschinen, die gegenseitig für Verbesserungen sorgten.
Bremsklotz Zunftwesen hat ausgedient
Zumindest in England, den USA und Frankreich kam es zu einem rasanten Maschinenbauboom. Deutschland hinkte aufgrund der Kleinstaaterei mit Zöllen und dem begrenzten Zugang zum maritimen Welthandel hinterher.
Auch die biedermeiersche „Bescheidenheit“ der Kleinbürger sowie das starre Zunftwesen in Deutschland, heißt es, haben den industriellen Wandel zunächst gehemmt. Erst die preußischen Reformen um 1807 und 1811 sowie die Aufhebung des Zunftwesens in Kombination mit der rechtlich abgesicherten Gewerbefreiheit, führten allmählich zum Umdenken und zu mehr Selbstbewusstsein. Hinzu kamen Visionäre, wie der Göttinger Philosoph und Ökonom Johann Beckmann, den man zu Recht als Begründer der wissenschaftlichen Disziplin „Technologie“ bezeichnen kann. Durch seine Lehrbücher und Vorlesungen trat der zwingende Gehorsam gegenüber den Meistern der Zünfte allmählich zurück und der freie Erfindergeist bekam auch hierzulande die Chance sich zu entfalten – bis heute. Borsig in Berlin, Klett in Nürnberg und Hagen&Baehren in Köln gehörten zu den einflussreichsten Maschinenbauern dieser Zeit. Dazu muss man jedoch anmerken, dass einige deutsche Staaten, insbesondere Preußen, die Unternehmen auch finanziell unterstützten. Unternehmen wie Friedrich Deckel in München oder Alfred A. Schütte in Köln-Deutz gesellten sich alsbald zur neuen deutschen Maschinenbauerwelt.
Deutschland mausert sich
Die Zeit des Aufbruchs war überall zu spüren. Wissenschaftler wie Conrad Röntgen, Marie Curie und Albert Einstein stießen Tore auf, die neuen Technologien den Eintritt in unsere Welt ermöglichten, welche sich auch auf den Maschinenbau auswirken sollten. Parallel verdrängte der elektrische Antrieb allmählich die Dampfmaschine und der Schnellarbeitsstahl war ein materialtechnisches Highlight der Pariser Weltausstellung im Jahre 1900. Doch seine Bearbeitung gelang nur mit höheren Drehzahlen. Speziell die Elektrifizierung bahnte sich auch deshalb rasch den Weg in die industrielle Welt. Zunächst wurden Maschinen, wie bei der Dampfmaschine üblich, zentral und über Transmissionsriemen damit betrieben, bis der elektrische Einzelmotor aufkam. Sein Einsatz an jeder einzelnen Maschine sparte der Industrie damals rund 50 % der Energie, die zuvor durch Reibung der Riemen bei der Transmission ungenutzt als Wärme verpuffte. Damit gelang nun auch die präzise Metallbearbeitung mit Werkzeugen aus Schnellarbeitsstahl. Die Hauptzeitverkürzung, statt wie heute meist die Nebenzeitverkürzung, stand damals im Fokus der Werkzeugmaschinenentwicklung. 1901 hat es deshalb sogar ein Wettdrehen gegeben, um herauszufinden, welcher Schneidstahl der Beste ist. Allerdings führten die erhöhten Vorschübe und Drehzahlen, die mit dem Schnellarbeitsstahl möglich waren, auch dazu, dass selbst die als ideal bezeichneten Werkzeugmaschinen von Loewe nach vier Wochen verschlissen waren: Zahnräder brachen, Wellen und Lager wurden zerstört.
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