Elektromagnetisches Bewegen und Positionieren Jonglieren mithilfe von Stromsteuersignalen

Redakteur: Nadine Schweitzer |

Ein intelligentes Stromanalyseverfahren ermöglicht es, Schließbolzen in elektromagnetischen Schließsystemen ohne Lagesensoren in beliebigen Stellungen zu positionieren.

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Niklas König aus der Arbeitsgruppe von Prof. Nienhaus verdeutlicht mit der schwebenden Kugel das große Potenzial des neuen Ansteuerverfahrens.
Niklas König aus der Arbeitsgruppe von Prof. Nienhaus verdeutlicht mit der schwebenden Kugel das große Potenzial des neuen Ansteuerverfahrens.
(Bild: Universität des Saarlandes (Oliver Dietze))

Eine Arbeitsgruppe um den Antriebstechniker Prof. Matthias Nienhaus an der Universität des Saarlandes hat die Funktion von elektromagnetisch gesteuerten Schließ-, Bewegungs- und Positioniermechanismen erheblich erweitert. Die bislang gängigen Systeme würden zwar schnell schalten, aber meist nur die Zustände „Auf“ und „Zu“ kennen, sagt Prof. Nienhaus. Werde etwa bei einem solchen Türschloss der Strom eingeschaltet, stoße der Riegel mit Wucht an den Anschlag. Sollte ein Schloss oder ein Ventil mehr können, etwa sanft anschlagen oder Zwischenstellungen halten, so sei dies nur mit zusätzlichen Sensoren und komplexer Regelungstechnik möglich.

Ganz ohne Sensoren kommt hingegen der von Prof. Nienhaus und seiner Arbeitsgruppe entwickelte Schließmechanismus aus, der Bolzen gleichwohl „soft“ an den Anschlag legen oder auch präzise und frei in jeder gewünschten Stellung positionieren kann. Es gebe nicht nur die beiden Stellungen „Auf“ und „Zu“, sondern auch Zwischenlagen – wie bei einem Wasserhahn, den man mehr oder weniger aufdrehen könne, sagt Nienhaus.

Das System brauche nur die Informationen, die der Strom selbst liefere: „Wir nutzen den zeitlichen Stromverlauf in der Wicklung, das heißt: Wir schauen uns Schwankungen über einen bestimmten Zeitraum an und werten diese aus. Die Stromschwankungen verändern sich abhängig von der Position des Bolzens. Dadurch wissen wir zu jeder Zeit exakt, wo der Bolzen steht. Diese Lageerkennung ermöglicht uns zugleich, den Bolzen effektiv anzusteuern“, erklärt Nienhaus.

Die Signale, die man dabei erhalte, seien noch nicht sehr aussagekräftig, sondern erheblich verrauscht; aber mit diesem Problem sei die Arbeitsgruppe nicht nur fertig geworden, sie habe dabei auch ein innovatives Lösungskonzept entwickelt: „Wir glätten diese Signale mithilfe eines neu entwickelten, integrierenden Verfahrens, das wir zum Patent angemeldet haben“, sagt Nienhaus.

Mit dem neuen Verfahren würden die eigentlichen Messsignale sauber herausgefiltert: „Man kann es in etwa damit vergleichen, als würde man bei einer Autofahrt, bei der der Wagen mal schnell, mal langsam fährt, ständig die mittlere Geschwindigkeit berechnen“, erklärt Nienhaus. Aus den Ergebnissen können man dann präzise rückschließen, wo sich der Bolzen gerade in der Wicklung befinde. „Es entsteht ein praktisch unverrauschtes Messsignal; und das können wir sogar nutzen, um den Bolzen ein Stück außerhalb der Spule zu positionieren“, so Nienhaus.

Was die Arbeitsgruppe unter „sauberer Ansteuerung“ versteht, wird auf dem Messestand in der Forschungshalle 2, Stand B46, vorgeführt. Dort demonstrieren die Wissenschaftler mit Ingenieurkompetenz auf spielerische Weise das Potenzial einer Steuerungstechnik am Beispiel einer Stahlkugel, die wie bei einer Zirkusnummer auf rätselhafte Weise frei in der Luft schwebend gehalten oder auf und ab bewegt wird. „Damit zeigen wir, zu welcher Geschwindigkeit und Präzision unsere Technologie in der Lage ist. Wir jonglieren die Kugel quasi nur mit Stromsteuersignalen ohne separaten Positionssensor“, sagt Nienhaus.

Der Antriebstechnikspezialist hat in seiner Forschungsarbeit vor allem intelligente Motoren entwickelt, die selbst Messdaten liefern. Der Motor wurde dabei zum Sensor. Auf der Grundlage dieses Konzepts wurde in verschiedenen Projekten zum Beispiel untersucht, wie aus Elektromotoren möglichst viele Daten gewonnen und genutzt werden können, um sie zu überwachen und um Antriebe effizient anzusteuern.

Universität des Saarlandes auf der Hannover Messe: Halle 2, Stand B46.

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