Verbindungstechnik Leichtbauwerkstoffe effizienter Fügen
Für das Fügen im Mischbau von Stahl-, Aluminium- und Kunststoffbauteilen haben Fraunhofer-Forscher ein neues Verfahren entwickelt: das Stechnieten. Damit soll unter anderem das Fügen von schwer zugänglichen Bereichen vereinfacht werden.
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Moderne Leichtbauwerkstoffe kommen in der Automobilindustrie verstärkt zum Einsatz. Deswegen sind weiterhin Lösungen für das Verbinden verschiedener Werkstoffe innerhalb einer Konstruktion gefragt. Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU haben in Zusammenarbeit mit dem Automobilhersteller Volkswagen ein neues mechanisches Fügeverfahren entwickelt: das Stechnieten.
Formschlüssige Verbindung dank dreier Nietdorne
Auf den ersten Blick ähnelt es dem Halbhohlstanznieten, das sich in den vergangenen Jahren besonders im Karosseriebau zu einem der wichtigsten mechanischen Fügeverfahren entwickelt hat. Analogien bestehen beim Aufbau des Nietelements, das aus dem Nietkopf- und Schaftbereich besteht. Doch während der Schaft beim Halbhohlstanznieten eine mantelflächenseitig geschlossene, von der Unterseite her halbhohle Form aufweist, kennzeichnet sich der Stechniet durch drei radial zueinander angeordnete Nietdorne. Diese durchstoßen an drei Punkten die zu verbindenden Bauteile und spreizen infolge der speziellen Nietdorngeometrie radial auseinander. So entsteht eine formschlüssige Verbindung.
Während eine Reihe konventioneller Fügeverfahren die Fügeteile kreisförmig durchsetzt beziehungsweise stanzt, ist der Durchdringungsbereich beim Stechnieten auf die drei Nietdorne begrenzt. Dadurch ist die potenzielle Beeinträchtigung der Struktur eines faserverstärkten Kunststoffes (FVK) geringer. Zwar wirkt sich eine solche Beschädigung des FVK in vielen Fällen durch den Einsatz von Klebstoff kaum negativ aus, dennoch eröffnen sich Vorteile beim Fügen nahe an Bauteilrändern und im möglichen Crashfall.
Nieten ohne Formmatrize
Das Werkzeugkonzept sieht, ganz im Gegensatz zum Halbhohlstanznieten, keine Matrize mit individueller Geometrie vor. Eine qualitätsgerechte Nietverbindung wird allein durch die Eigenschaften des Nietes erzielt. Der deutlich einfacher ausgeführte Gegenhalter dient lediglich der lokalen Abstützung der Fügekräfte im Fügeprozess, wobei die Fügekräfte gegenüber dem Halbhohlstanznieten deutlich niedriger ausfallen. Während Formmatrizen bei den Stanznietverfahren möglichst genau koaxial zum Stanzniet positioniert sein müssen, entfällt diese Anforderung für den einfachen Gegenhalter beim Stechnieten. Bietet das untere Bauteil eine ausreichende Steifigkeit, kann gar auf eine Abstützung der Fügestelle verzichtet werden. Dies wiederum eröffnet Einsatzchancen bei nur einseitiger Zugänglichkeit.
Besonders interessant: Kombination mit Kleben
Das Stechnieten bietet dem Anwender eine Reihe von Vorteilen, beispielsweise eine einfache Parametrierung hinsichtlich Nietgeometrie und Fügekräften bei wechselnden Fügeaufgaben. Die notwendige Varianz solcher Einstellgrößen ist vergleichsweise gering, was die Anforderungen für den Einsatz und Fehlerwahrscheinlichkeiten senkt. Im Gegenzug werden die maximal erreichbaren Verbindungsfestigkeiten je nach Fügepaarung um wenige 10 % beschränkt, was in vielen Fällen ein akzeptables Maß ist. Damit ist das Stechnieten vor allem als Fixierverfahren in Kombination mit dem Kleben interessant. Im Sinne der Fixiermethode sichern die Stechniete die Handhabungsfestigkeit der Fügeteile bis zur Aushärtung der Klebschicht. In diesem Einsatzfall wird die Gebrauchsfestigkeit der gefügten Baugruppe im Wesentlichen durch die Klebschicht gewährleistet, welche zudem einen Schutz gegen Kontaktkorrosion bei metallischen Werkstoffpaarungen bietet.
Ziel des Stechnietens ist die Erweiterung der mechanischen Fügetechnik durch ein flexibel einsetzbares und zugleich kostengünstiges Verfahren. Es soll dem Anwender als elementares und hybrides Verfahren für metallische Verbindungen und Metall-FVK-Mischverbindungen zur Verfügung gestellt werden. Das im Labor entwickelte Stechnieten soll nun in die Großserientauglichkeit überführt werden.
* Dipl.-Ing. (FH) Christian Kraus ist Gruppenleiter Prozessentwicklung am Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU in 01187 Dresden, Tel. (03 51) 47 72 24 20, christian.kraus@iwu.fraunhofer.de
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