Porträt Fraunhofer – Innovationsmotor der deutschen Wirtschaft

Die Fraunhofer-Gesellschaft ist heute Innovationsmotor der deutschen Wirtschaft und Europas größte Organisation für angewandte Forschung. Sie feiert 2019 das Jubiläum ihres 70-jährigen Bestehens.

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In einem Gebäude des ehemaligen Klosters Benediktbeuern, das zur Glashütte umgebaut wurde, war der Optiker Joseph von Fraunhofer zwischen 1807 und 1819 tätig. Er entdeckte dort die "fraunhoferschen Linien", die dunklen Linien im Sonnenspektrum. Nach ihm wurde auch die 1949 gegründete Forschungsgesellschaft benannt.
In einem Gebäude des ehemaligen Klosters Benediktbeuern, das zur Glashütte umgebaut wurde, war der Optiker Joseph von Fraunhofer zwischen 1807 und 1819 tätig. Er entdeckte dort die "fraunhoferschen Linien", die dunklen Linien im Sonnenspektrum. Nach ihm wurde auch die 1949 gegründete Forschungsgesellschaft benannt.
(Bild: © Fraunhofer/Markus Jürgens)

Knapp vier Jahre nach Kriegsende, am 26. März 1949, ist es soweit: 210 Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft warten gespannt im bayerischen Wirtschaftsministerium darauf, was Staatssekretär Hugo Geiger verkündet. Denn er will mit der Gründung der Fraunhofer-Gesellschaft den Aufbau der Wirtschaft in Bayern und Deutschland unterstützen. Und kurze Zeit später haben drei Mitarbeiter in einem Münchner Büro die Aufgabe, die angewandte Forschung in Deutschland voranzubringen, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch immer nicht alle Trümmer auf den Straßen beseitigt sind. Prof. Raimund Neugebauer, derzeitiger Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, präzisiert: „Die Fraunhofer-Gesellschaft wurde ganz klar mit dem Ziel gegründet, das nach dem Krieg völlig zerrüttete, infrastrukturell zerstörte, wirtschaftlich am Boden liegende Deutschland durch Innovationen aus eigener Kraft schnell in einen Wiederaufbau zu führen. Und es gab Männer und Frauen, die erkannt haben, wenn wir uns aus eigener Kraft nach vorne wieder zwischen den Nationen einen anerkannten Platz in der Wertschöpfung erarbeiten wollen, auch zum Wohle unsres Volkes, dann geht das nur, wenn wir Wissen über den Schritt des Innovationsmanagements in Wertschöpfung umwandeln.“

Mit der Wahl von Hermann von Siemens zum Präsidenten Mitte der 50er-Jahre sowie der Gründung erster Institute entwickelt sich Fraunhofer immer weiter und wird zu einer Säule der Wissenschaftslandschaft in Deutschland. 1959, zehn Jahre nach ihrer Gründung, verfügt die Gesellschaft über neun eigene Institute. Die Kooperation mit dem Verteidigungsministerium sorgt für die notwendige finanzielle Unterstützung. Nur fünf Jahre später, 1964, wird Fraunhofer in der Bundesrepublik Deutschland Trägerorganisation für angewandte Forschung.

1969 betritt Neil Armstrong als erster Mensch den Mond und in der Bundesrepublik wird die Forschungsförderung gemeinsame Sache von Bund und Ländern. 1200 Forschende arbeiten mittlerweile bei Fraunhofer. 1973 kommt es zur Ölkrise und zum ersten autofreien Sonntag. Es findet eine Umdenken in der Energieversorgung statt und so setzt sich Fraunhofer nach der Ölkrise an die Spitze bei der Entwicklung alternativer Energietechnologien.

1989 fällt nicht nur die Berliner Mauer, sondern Fraunhofer installiert in der Folge über 20 Institute in den neuen Bundesländern und baut dort gezielt die Entwicklung leistungsfähiger Mikrotechnik aus. Im Automobilbereich gilt es, neue Herausforderungen zu meistern. Fraunhofer bietet hier mit der fraktalen Fabrik eine Lösungsmöglichkeit. 9000 Mitarbeiter erwirtschaften jetzt 1,4 Mrd. DM.

1999 entstehen die Zukunftspläne unter der Präsidentschaft von Hans Jörg Bullinger und in München wird das Fraunhofer-Haus eröffnet. Außerdem entsteht das Projekt Morgenstadt. Zehn Jahre später, 2009, ist die Forschung exzellent vernetzt und unter der Präsidentschaft von Prof. Raimund Neugebauer wird Fraunhofer zum Innovationsmotor für Deutschland und Europa. Die Entwicklungen reichen vom Faserlaser bis zu E3, der industriellen Produktion von morgen. Dabei ist laut Neugebauer die Zukunft seit jeher der Antrieb für die Fraunhofer-Gesellschaft. Dabei helfen Fragen wie: „Wie bauen wir intelligente Maschinen, denen jeder vertraut? Wie lassen sich Medikamente so herstellen, dass sie schneller und günstiger den Patienten helfen? Wie sorgen wir verantwortungsvoll dafür, dass sich jeder sicher fühlt? Als Forschende und Unternehmer beantworten wir diese Fragen und verstehen uns als verantwortungsvolle Taktgeber von Wirtschaft und Gesellschaft.“

Strategische Initiativen für Deutschland und Europa

Dies hat laut Neugebauer zu herausragenden Innovationen geführt: „Da ist das allseits bekannte Beispiel der Audiokomprimierung durch mp3. Inzwischen haben wir auch einen Standard für die Videokomprimierung erarbeitet.“ Auch Videokomprimierung und Laserphotonenquellen sowie weiße LED kommen laut Neugebauer aus Fraunhofer-Laboren. „In Zukunft werden wir mit Kautschuk aus der weißen Milch vom Löwenzahn über die Straßen rollen und nicht mehr mit Kautschuk von Kautschukbäumen in Fernost, sondern industriell hier in Deutschland und Europa angebaut; auch das kommt aus der Fraunhofer Gesellschaft“, so Neugebauer. Er setzt fort: „Schauen Sie sich die Solarzellen an. Der Weltrekord beim Wirkungsgrad liegt dort bei 46 % – kommt von Fraunhofer.“ Darüber hinaus habe Fraunhofer noch viele andere Dinge entwickelt. „Aber für die größte Innovation halte ich das Fraunhofer-Modell selbst, was seit 70 Jahren nachhaltig Exzellenz in der Vorlaufforschung mit großem Gespür im vorwettbewerblichen Bereich, in der Verbundforschung und Risikominimierung durch öffentliche Förderung verbindet mit Exklusivforschung im direkten Auftrag durch die Wirtschaft“, fährt Neugebauer fort.

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Mit der Agenda 2022 hat die Fraunhofer-Gesellschaft eine Roadmap für ihre Forschungsaktivitäten definiert. Ein wichtiges Ziel ist die Entwicklung umfassender technologischer Systemlösungen für den Standort Deutschland. Dazu wurden „prioritäre strategische Initiativen“ – kurz PSI – zu sieben wichtigen Forschungsthemen ins Leben gerufen. Darunter bündelt die Fraunhofer-Gesellschaft die Kompetenzen ihrer Institute, um umfassende Systemlösungen für strategisch wichtige Fragestellungen zu erarbeiten. Die aktuellen Themen sind derzeit: kognitive Systeme, künstliche Intelligenz und Datensouveränität, Batteriezellfertigung, programmierbare Materialien, Quantentechnologie, translationale Medizin, öffentliche Sicherheit und die biologische Transformation.

Bei der Entwicklung von etwas Neuem geht es laut Neugebauer oft gar nicht um das Geld: „Es gibt für Ingenieure kein größeres Glücksgefühl, als zu sehen, dass sie etwas entwickelt haben und Tausende, ja Millionen von Menschen nutzen die Entwicklung. Das ist eine irre Motivation.“

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