Normen VDI-Richtlinien verbinden ISO-Normen und Praxis
Die ISO 22514 befasst sich mit Fähigkeitsnachweisen von Messgeräten (MGF), Prozessen (PFU) und Schraubwerkzeugen (MFU). Für die Schraubtechnik ist sie allerdings zu allgemein. Die „Maschinenfähigkeit (MFU)-Richtlinie“ soll dies nun ändern.
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Die Normenreihe ISO 22514 beschreibt ein Verfahren, mit der Kenngrößen bestimmt und die Qualität und Leistung von Produkt- und Prozessmerkmalen eingeschätzt werden können. Anfang der 2000er Jahre begann der ISO mit der Arbeit an dieser aus mittlerweile acht Teilen bestehenden Normenreihe. Für jede dieser Verteilungen werden Berechnungsformeln für die statistischen Maßzahlen angegeben. Die in dieser Norm beschriebenen statistischen Verfahren beziehen sich nur auf kontinuierliche Qualitätsmerkmale. Eine enorm wichtige Arbeit, denn die Statistik ist das Rückgrat des Qualitätsmanagements und vor allem auch der Industrie 4.0.
Schraubmontage-Welt im Dornröschenschlaf
2010 befassten sich die Schraubtechnikfachexperten des VDI erstmalig in expliziten Richtlinien mit den Fähigkeitsnachweisen von Messgeräten (MGF), Prozessen (PFU) und Schraubwerkzeugen (MFU). Damals befanden sich Teile der Schraubmontage-Welt diesbezüglich noch in einem Dornröschenschlaf. Andere dagegen standen schon unter enormem Druck:
- Standorte in vermeintlichen „Hochlohnländern“ zu sichern,
- Kosten durch Montagefehler zu reduzieren oder
- weltweiten Produkthaftungsanforderungen zu genügen
Zudem machte die ISO 22514 noch einmal klar, was Statistik im Produktionsumfeld leisten muss. Allerdings ist die ISO für die spezielle Schraubtechnik zu allgemein gehalten.
Vor allem die zugrundeliegende Physik aber auch der Blick auf die damit verbundenen Prozesse forderten, das allgemein Gültige der Norm pragmatisch und clever in die Schraubtechnik zu übersetzen.
2012 veröffentlichte der VDI/VDE GMA FA 3.63 das Blatt 3 der VDI/VDE zur Prozessfähigkeit in der Schraubtechnik und 2014 das Blatt 2 der VDI/ VDE 2645 „Maschinenfähigkeit (MFU)“, um erste Brücken zwischen den Welten von Anspruch und Praxis zu schlagen. Ein Entwurf zum Blatt 1 zur Messgerätefähigkeit soll 2022 veröffentlicht werden.
Maschinenfähigkeit- Richtlinie aktualisiert
So weit so gut, aber die Geschichte für diese weltweit einmalige Regel-Reihe ist noch nicht abgeschlossen. Derzeit wird die „Maschinenfähigkeit (MFU)-Richtlinie“ wieder auf den aktuellen Stand gebracht.
Im konkreten Fall heißt das beispielsweise, dass die Richtlinie mit der VDI/VDE 2647 zur Typprüfung von Schraubwerkzeugen in Einklang gebracht und die Homologationsvorschrift integriert wird.
Zudem wurde eine statistische Hilfestellung erarbeitet. Damit können Anwender die Prüfkosten reduzieren, indem sie die Prüfumfänge dynamisch anpassen. Das ist ebenso wichtig wie die sogenannte schraubstellenbezogene Maschinenfähigkeit. Damit kann die Fähigkeit des Produktionsmittels mit seinen spezifischen Einstellungen für den jeweiligen Einsatz nachgewiesen werden. Die überarbeitete Richtlinie erläutert hierbei, wie Anwender im laufenden Produktionsprozess für die unterschiedlichen Werkzeuge vorgehen sollten. Bei dieser Prüfung werden alle wesentlichen Informationen für die Produktion ermittelt.
Mindestanforderungen von Werkzeugen und Prozessen
Auch die VDI/VDE 2862 (Blatt 1) wird die Forderung nach der schraubstellenbezogenen Maschinenfähigkeit zum aktuellen Stand nochmal bekräftigen. Die Richtlinie beschreibt die Mindestanforderungen von Werkzeugen und Prozessen in der Fahrzeug- und der Zuliefer- sowie Anbauteileindustrie. Hier wird auch die MFU für sogenannte „Knickschlüssel“ als pragmatische Lösung in den Vordergrund gestellt werden. Damit können Kalibrierungen für solche Systeme mit zusätzlichen statistischen Auswertungen auch für die werkzeugbezogene Maschinenfähigkeit herangezogen werden.
Allerdings belegt dieser Nachweis nur, dass das Werkzeug bei Auslösung durch ein vollautomatisches Prüfsystem eine gewisse Wiederholgenauigkeit hat. Anwender benötigen jedoch mindestens den Nachweis, dass das installierte Drehmoment innerhalb der Spezifikationen liegt. Dies gelingt kostengünstig, einfach und pragmatisch durch die schraubstellenbezogene Maschinenfähigkeit für „Knickschlüssel“.
Es gilt nachzuweisen, dass der Schrauber tut, was er soll
International wird zurzeit auch noch an der Überarbeitung des Leistungsprüfverfahrens für Impulsschrauber – der ISO/TS 17104 – mit tatkräftiger Unterstützung durch VDI-Experten gearbeitet. Genauso interessant sind auch die verschiedenen Aktivitäten im Bereich Interkonnektivität und Kommunikation. Hierzu gibt es nicht nur einen neuen Entwurf der VDI/VDE 2623 zur Definition des Calibration-Data-Exchange-Datenformats. Auch beim OPC-UA für die Schraubtechnik geht es mit großen Schritten voran.
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