Digitalisierung im Mittelstand Klare Visionen entwickeln und digitalen Wandel kreativ gestalten
Was ist gut sieben Jahre nach dem Entstehen des Begriffs Industrie 4.0 im industriellen Mittelstand tatsächlich passiert? Zeit für eine praxisnahe Bestandsaufnahme und konkrete Handlungsempfehlungen.
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Die Gespräche auf den jährlich stattfindenden Industrietagen zeigen, dass viele Unternehmen aufgrund der guten Auftragslage zu wenig Kapazitäten aufbringen, um Digitalisierungsprojekte forciert voranzutreiben. Dennoch haben viele erkannt, dass sie sich ernsthaft mit Industrie 4.0-Themen auseinandersetzen müssen. Sie registrieren, dass es die Digitalisierung auch bisher branchenfernen Playern ermöglichen kann, sie von der Seite zu überholen. Manche sind zudem in einem Markt tätig, der selbst vor einem umfassenden Wandel steht, wie beispielsweise der Automobilsektor. Gerade dort nehmen Industrie 4.0-Projekte stark zu.
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Die aktuellen Maßnahmen lassen sich grob in zwei Kategorien einteilen: Einerseits Projekte zur digitalen Abbildung interner Prozesse, um diese zu verschlanken und zu beschleunigen, beispielsweise Projekte zum papierlosen Unternehmen. Andererseits Vorhaben, die eine Erweiterung des bestehenden Geschäftsmodells und der Wertschöpfungsstrukturen befördern. Diese Projekte sind meist geschäftskritischer. Darunter fallen zum Beispiel der Aufbau neuer Absatzkanäle, Services oder Abrechnungsmodelle für Investitionsgüter. Auch diese Art von Projektanfragen nimmt derzeit zu, was zeigt, dass der Mittelstand erkannt hat: Digitalisierung kann nicht nur graduell Prozesse optimieren, sondern das bisherige Geschäft gravierend verändern.
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Eigene Vision als Klammer für Digitalisierungsmaßnahmen
Wie ein Unternehmen in die Industrie 4.0 starten sollte, lässt sich auch heute nicht pauschal beantworten. Sicher ist jedoch, dass jedes Unternehmen eine eigene Vision und Strategie für die Digitalisierung benötigt, auch wenn die Umsetzung mit einem kleinen Teilprojekt beginnt. Diese Vision sollte intern in allen Köpfen verankert sein, sodass jeder ein Bild von der Zukunft hat. Die einzelnen Digitalisierungsmaßnahmen müssen so angelegt sein, dass sie auf diese Strategie einzahlen. Diese Vision ist nicht statisch, sondern sollte regelmäßig überprüft werden: Stimmen die dafür gemachten Annahmen noch? Ist der angenommene Zeithorizont für die Entwicklung weiterhin richtig?
Aufbauend auf einer klaren Vision, wie sich das eigene Unternehmen durch die Digitalisierung entwickelt, lassen sich anhand praktischer Projekterfahrungen folgende Empfehlungen für den Einstieg in die Digitalisierung und die Durchführung konkreter Projekte ableiten:
1. Kreativen Gestaltungsspielraum schaffen
Die Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle erfordert Kreativität. Es ist empfehlenswert, Vertreter aller Unternehmensbereiche an einen Tisch zu holen und einen offenen Austausch über die Digitalisierungsmöglichkeiten anzuregen. Oft entstehen gerade durch die unterschiedlichen Perspektiven erstaunliche Projektideen. Design Thinking kann dazu dienen, den Prozess der Ideengenerierung und -priorisierung so zu gestalten, dass sich konkrete Bausteine einer Digitalisierungsstrategie ableiten lassen. Gleichzeitig sichert diese Methode eine hohe Akzeptanz geplanter Digitalisierungsansätze durch eine frühzeitige Einbindung unterschiedlicher Stakeholder.
2. Branchenaustausch zu Digitalisierungsthemen
Der digitale Wandel stellt an viele Unternehmen ähnliche Anforderungen. Daher ist ein Austausch mit anderen Unternehmen empfehlenswert. Wie machen es die Anderen? Stehen sie vor den gleichen Herausforderungen wie wir? Auf diese Fragen sucht jeder Antworten in der sich stark verändernden Digitalisierungswelt. Ein Format zum unternehmensübergreifenden Erfahrungsaustausch bieten zum Beispiel die Regionaltreffen des Arbeitskreises Produktionstechnik.
3. Agilität kleinerer Unternehmen als Vorteil nutzen
Kleinere Unternehmen sind auch aufgrund kürzerer Entscheidungsprozesse oft beweglicher und können so Digitalisierungsprozesse schneller anstoßen. Mit eigenen Digitalisierungsprojekten können diese auch auf anderer Ebene Potenziale heben, z. B. innerhalb der Unternehmenskommunikation. Berichte über Digitalisierungsprojekte als Ausdruck von Zukunftsorientierung, können die Attraktivität eines Unternehmens sowohl für Fachkräfte als auch potenzielle Kunden steigern.
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4. Change Management nicht vergessen
Werden Entscheidungen für Digitalisierungsprojekte „am grünen Tisch“ getroffen, werden die Mitarbeiter meist nicht oder erst zu spät mitgenommen. Ein besonderer Fokus des Change Management sollte auf denjenigen internen Führungskräften liegen, die durch das Projekt Freiräume und Befugnisse verlieren oder ihren Bereich mit anderen vergleichbar machen. Unausgesprochene, interne Widerstände sollten früh erkannt und behoben werden.
5. Gemischtes Mitarbeiterteam aufstellen
Heute werden „gestandene“ CIO oder IT-Leiter zwischen 40 und 55 Jahren immer häufiger von jungen Kollegen abgelöst, die als 30-Jährige „frischen Wind“ in die Digitalisierung bringen sollen. Ältere Kollegen bringen oft besondere Stärken in der Branchenkenntnis, sowie in den Prozessstrukturen und -anforderungen mit. Jüngere Mitarbeiter sind meist offener gegenüber digitalen Technologien. Idealerweise arbeitet in einem Digitalisierungsprojekt ein altersmäßig gemischtes Team zusammen.
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Führung im digitalen Zeitalter
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* Walter Müller ist Veranstalter der Industrie-, Instandhaltungs- und Produktionstage, Tel. 07 00 01 00 10 38, walter.mueller@arbeitskreis-produktionstechnik.de. Heinz Wilming ist Industrie 4.0-Experte bei der Akquinet AG in 10783 Berlin, Tel. (0 30) 23 55 20 51
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